2. BL-West: Tabellenführung verteidigt

Am 5. Spieltag der 2. Bundeliga Gruppe West, am Sonntag den 20.01.2019 hatten wir die Schachfreunde von Hansa Dortmund zu Gast. In den Vorjehren war diese Begegnung immer eine eindeutige Sache für die Dortmunder gewesen, die gegen unser Team immer besonders stark angetreten waren. Diesmal waren die Vorzeichen aber anders. So hatte GM Romuald Mainka, der für das zweite Brett der Dortmunder vorgesehen war, wohl kurzfristig absagen müssen und ein Ersatz konnte nicht gestellt werden. Dadurch lagen wir noch vor Beginn des Kampfes bereits 1:0 in Führung. Aber an den anderen Brettern standen insgesamt nominell in etwa ausgeglichene Paarungen auf der Meldeliste.

Da ich am zweiten Brett spielfrei war, konnte ich diesmal die Partien etwas genauer verfolgen:

Am ersten Brett hatte es Christian mit den schwarzen Steinen mit GM Heberla zu tun. Es entwickelte sich ein geschlossener Spanier mit Abtausch der d-Bauern, also einer Stellung mit klarer Struktur. Es zeigte sich aber im Partieverlauf, dass der vor den schwarzen Bauern am Damenflügel platzierten Springer und der Läufer von den vorrückenden weißen Bauern unangenehm bedrängt wurden. Hier gab es viel zu rechnen, wie dem Bauernsturm am besten zu begegnen sei, insgesamt ein kleiner aber mit der Zeit immer größer werdender Vorteil für die Dortmunder.

Am dritten Brett spielte Thibaut mit den schwarzen Steinen gegen den routinierten IM Klyuner. Thibaut versteht es, auch sehr erfahrenen Spielern immer wieder tiefe Probleme zu stellen. Diesmal sah unsere Stellung nach der Eröffnung aber recht kritisch aus. Hier musste ich ausgangs der Eröffnung von einem klaren Nachteil ausgehen, aber wie der Verlauf zeigte, so klar war das alles nicht..

Am vierten Brett spielte Tom mit Weiß. Er hat in dieser Saison - man kann sagen - mal wieder - eine hervorragende Bilanz. Tom spielt gegen alle Gegner ein sehr konsequentes, kompromissloses Schach. Seine Begegnung mit IM Scholz aus Dortmund ist da mal wieder ein typisches Beispiel. In einer Benoni-Struktur setzt Tom recht frühzeitig e4-e5 durch. Das dies in der ein oder anderen Variante mit Bauernopfer geschieht, davor hat er keine Sorge, denn er erhält in allen Varianten starkes Figurenspiel und der Raumvorteil und Entwicklungsvorsprung machen sich bemerkbar. Der Gegner steht frühzeitig unter Druck.

Am fünften Brett spielt Oscar mit Schwarz gegen den sehr routinierten mehrfachen Deutschen Polizeimeister FM Kotter. Es ergibt sich ein offener Sizilianer, in dem der Weiße sich zunächst zentralisiert ohne frühzeitige Aktionen zu starten, aber es deutet sich ein Angriff auf Oscar's König an. In diese Partie zeigt Oscar sein tiefes Verständnis für solche Stellungen. Mustergültig setzt er zu einem Vorstoß im Zentrum an und ergreift die Initiative. Seine Stellung wird von Zug zu Zug besser.

Am sechsten Brett spielt Hans-Hubert gegen IM Kalka, den er direkt in der Eröfnung auf dem falschen Fuß erwischt. Durch konsequentes und furchtloses Eröffnungsspiel erreicht er einen sehr klaren Vorteil, der eigentlich zu einem Gewinn führen sollte.

Vorteilhaft verläuft die Eröffnungsphase auch am siebten Brett, an dem Felix mit Schwarz gegen Jannik Sundorf klar favorisiert ist. Er hat etwas Entwicklungsvorsprung und die c-Linie ist bereits geöffnet. Aber mit Schwarz in einer geschlossenen Variante der französichen Eröffnung bleibt man oft auf dem Raumnachteil hängen, wenn sich nichts Klares ergibt. Oft liegt es daran, dass die schwarzen Figuren weniger Raum zum Manövrieren haben und sich ein Entwicklungsvorsprung deshalb oft nicht auszahlt.

Am letzten Brett hatte Rudolf mit Weiß eine seiner typischen Stellungen auf dem Brett. Rudolf stellt seinem Gegner mit seiner unorthodoxen, aber sehr komplexen Spielanlage oft Probleme. Auch in dieser Saison hat Rudolf bisher wieder hervorragende Ergebnisse damit vorzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt war mir nicht klar, ob Rudolf eher etwas besser oder etwas schlechter steht.

Insgesamt konnten wir mit der Situation des Kampfes zum Ausgang der Eröffnungsphase sehr zufrieden sein. Der weitere Verlauf knüpfte sich an die bisherigen Kämpfe in dieser Saison an: An allen Brettern wurde sehr sicher agiert, die Stellungsbewertung änderte sich an den meisten Brettern kontinuierlich in eine Richtung. Ich denke, es spielt sich einfach leichter, wenn man frei aufspielen kann, die Tabellensituation unkritisch ist und man sich auch auf die Mannschaftskollegen verlassen kann. Wenn sich an einem Brett die Stellungsbewertung zu unseren Ungunsten veränderte, so ergab sich an den anderen Brettern jeweils eine Schwankung zu unserem Vorteil: Bei Christian wurde es zunehmend schwieriger, während man bei Thibaut eine deutliche Verbesserung in der weiteren sehr komplizierten Stellung feststellen konnte. Bei Tom und Hans-Hubert war weiterhin klarer Vorteil zusehen, während bei Felix - wie oben schon beschrieben - der Vorteil von Zug zu Zug kleiner wurde. Immer besser wurde die Stellung an Oscar's Brett.

Die ersten Entscheidungen ergaben sich zu Beginn der Zeitnotphase: Remis bei Felix an Brett 7, Sieg von Tom und leider nur remis bei Hans-Hubert. Aber immerhin stand es nun bereits 3:1 für uns. Und Oscar stand sehr gut, Rudolf mittlerweile auch deutlich besser und auch bei Thibaut hatte zunehmend sein Gegner Schwierigkeiten. Nur bei Christian am Spitzenbrett sah es ungemütlich aus: Nachdem die Bauern am Damenflügel vorgerückt waren, musste Christian mit dem c-Bauern auf b6 einen Abtausch entgegennehmen, so dass die Felder d6 und d5 sehr geschwächt waren. Ich glaube, diese Stellung war bereits verloren, jedenfalls gegen einen Gegner dieser Klasse.

Durch ein wunderschönes Damenopfer erreichte nun Oscar eine Gewinnstellung. Und diese wurde durch eine weitere sehenswerte Kombination in den vollen Punkt umgemünzt. Für mich war diese Musterpartie einer sizilianischen Verteidigung die Beste Partie des Kampfes - sehr schön! Ungefähr gleichzeitig musste Christian dann seine Stellung aufgeben. Beim Stande von 4:2 hatten wir jedoch zwei vorteilhafte Positionen auf den Brettern: Bei Thibaut hatte sich der Rauch verzogen und es war ein Endspiel mit Mehrbauern mit jeweils Dame+Turm entstanden. Bei Rudolf waren ungleichfarbige Läufer auf dem Brett, ebenfalls mit Mehrbauer und jeweils noch den Damen. Wie so oft bei ungleichfarbigen Läufern war aber hier die unterschiedliche Wirkung der Läufer entscheidend. Während der Läufer von Rudolfs Gegner passiv hinter seinen Bauern versteckt blieb, war Rudolfs Läufer in die gegnerische Stellung eingedrungen und bereitete seiner Dame schöne Aussichten.

Beide Partien wurde dann nach noch längerem Verlauf verdient und ungefährdet gewonnen. Der Endstand von 6:2 war deutlich, aber auch hochverdient.

Durch diesen Sieg bleiben wir an der Tabellenspitze. Mit 9:1 Punkten dürfte das Abstiegsorakel nun auch 0% anzeigen, so dass das Saisonziel eigentlich bereits erreicht ist. Ob es zu mehr reicht, werden die kommenden Kämpfe zeigen. Am 03.02.2019 spielen wir "auswärts" in Aachen im Kirberichshofer Weg gegen DJK Aufwärts (II). Auch DJK ist sehr gut in die Saison gestartet und liegt auf dem zweiten Tabellenplatz. Wir freuen uns auf dieses Lokalderby und hoffen, dass auch einige Zuschaer den Weg an die Bretter finden werden. Immerhin geht es darum, wer nach dem nächsten Spieltag an der Tabellenspitze steht und da darf man auf einen interessanten Kampf hoffen.

Tabelle und Details