Emil Pauls

In diesem Artikel stellen wir den Apotheker, Heimatforscher und Schachspieler Emil Pauls (1840-1911) aus Kornelimünster vor. Dabei befassen wir uns natürlich vor allem mit seinem schachlichen Leistungen. Zusammengestellt von Philipp Lamby, 9.Januar 2020.

1 Biographisches

Emil Pauls, Sohn des Apothekenbesitzers Joseph Pauls und dessen Gattin Amalia Moreau, erblickte als das älteste von acht Kindern am 5. Dezember 1840 zu Kornelimünster das Licht der Welt. 1 Nach Besuch der Volksschule seines Heimatortes und der Stiftsschule zu Aachen verließ er letztere im Herbst 1856, um als Lehrling ins väterliche Geschäft einzusteigen. Zwei Jahre später bestand er die Prüfung zum einjährig-freiwilligen Militärdienste und 1860 die Apothekergehilfenprüfung. In dieser Zeit erschienen auch seine ersten Schachprobleme im Illustrirten Familienjournal und in der Deutschen Schachzeitung.

Nachdem Pauls als Gehilfe im väterlichen Geschäft, sodann in Uerdingen, Gemünd und Aachen tätig gewesen war, trat er im Frühjahr 1863, um seiner Militärpflicht zu genügen, als Militärpharmazeut ins Garnisonslazarett zu Saarlouis ein und unternahm nach Beendigung der Dienstzeit eine längere Reise nach Lothringen und Frankreich. Im Herbst 1864 bezog er die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, um die vorgeschriebenen pharmazeutischen Studien abzumachen. Hier bestand er am 16. Dezember 1865 die Prüfung als „Apotheker erster Klasse". Nach dem Tod seiner Eltern übernahm er 1869 die väterliche Apotheke und heiratete am 2. Dezember 1871 Luise Giesen aus Eupen.

Ungefähr 1873 begann er sich mit historischen Forschungen zu beschäftigten. Seine ersten Arbeiten erschienen als Historische Notizen in der Deutschen Schachzeitung.2 1879 trat er dem neu gegründeten Aachener Geschichtsverein bei und schrieb in den folgenden Jahren zahlreiche Artikel für dessen Zeitschrift. 1881 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. 1884 gab er die Apotheke in Kornelimünster auf und zog als Rentner nach Bedburg, um sich intensiver seinen historischen Studien zu widmen. 1893 wechselte er seinen Wohnsitz nach Düsseldorf, dem Sitz des Staatsarchivs. Er wurde Mitglied des Düsseldorfer Geschichtsvereins und war Mitarbeiter der Düsseldorfer Nachrichten und des Düsseldorfer Generalanzeigers. Nach seinem unerwarteten Tod 1911 hinterließ er eine umfangreiche Sammlung und zahlreiche fertige, aber noch unveröffentlichte Aufsätze. Sein Sohn, der Rechtsanwalt Dr. August Pauls, veröffentlichte diese in Zusammenarbeit mit Aachener Historikern auch noch nach seinem Tode. Insgesamt umfaßte Pauls Œuvre mehr als 200 Artikel über Themen der Aachener und Niederrheinischen Provinzialgeschichte.

Portraitbild von Emil Pauls, ca. 1880.

2 Die Fernpartien gegen Guretzky-Cornitz

Wir wissen nicht, wann und von wem Emil Pauls das Schachspielen gelernt hat. Er muß aber als Jugendlicher während seiner Schulzeit in Aachen mit dem Spiel in Berührung gekommen sein. Es gibt aber allerdings keine Hinweise dafür, dass Pauls jemals Mitglied im Aachener Schachverein war. Seine Schulzeit in Aachen endete gerade in dem Jahr, in dem der Verein gegründet wurde. Vielleicht hat Pauls das Spiel aber auch aus Schachlehrbüchern gelernt, von denen es damals durchaus schon einige gab. Es ist bekannt, dass seine gebildeten Eltern über eine umfangreiche Bibliothek verfügten.

Jedenfalls sind uns von Pauls drei Fernpartien überliefert, die er als junger Mann gegen Bernhard Guretzky-Cornitz austrug.3 Dieser stammte aus Neuruppin und teilte mit Pauls wohl das Schicksal, in seinem Heimatort keine adäquate Gegnerschaft finden zu können. 1860 zog Guretzky-Cornitz nach Berlin, wo er sich als Schachmeister etablierte. Einige seiner Endspielanalysen, z.B. zum Thema „Turm und Randbauer gegen Läufer” sind heute noch relevant und werden in den Lehrbüchern zitiert.

Nach unserem Eindruck hat die vorstehende Partie mehr Qualität als z.B. die harschen Niederlagen, die der Aachener Schachverein in seinen Fernpartien gegen Elberfeld kassierte. Die anderen beiden Partien sind nicht so interessant, weil Pauls durch passive Eröffnungsbehandlung beide Male schnell in eine aussichtslos Lage gerät. Wir bringen die Notation hier nur, da diese drei Fernpartien die einzigen sind, die von Pauls bekannt sind, und wir uns daher den Luxus der Vollständigkeit leisten können.

3 Pauls' Matt- und Selbstmattaufgaben

Abgesehen von den obigen Fernschachpartien trat Pauls schachlich aber vor allem als Problemkomponist in Erscheinung. Seine ersten Aufgaben wurden in den Jahren 1858-1861, in denen er auch die Partien mit Guretzky-Cornitz austrug, im Leipziger Illustrirten Familien-Journal und dem Illustrirten Familien-Kalender abgedruckt. Diese beiden Zeitschriften wurden vom Buchhändler Albert Henry Payne herausgegeben und waren vor allem wegen ihrer qualitätvollen Illustrationen beliebt. Ab 1858 erschien dort eine regelmäßige Schachspalte, die von Herrmann Pollmächer verantwortet wurde.4 Außerdem korrespondierte Pauls eifrig mit der Deutschen Schachzeitung, insbesondere als Teilnehmer am Lösungswettbewerb. Auch hier erschienen einige kleine Aufgaben von Pauls. Bei diesen Frühwerk handelt sich in der Regel um relativ einfache Direktmattprobleme, aber es ist auch eine Selbstmattaufgabe dabei.

Bei der dritten Aufgabe handelt es sich um das angekündigte Selbstmattproblem. Bei einem solchen zieht Weiß an und zwingt Schwarz dazu, Weiß in der angegebenen Anzahl von Zügen mattzusetzen. Einem Partieschächer mag diese Aufgabenstellung verquer vorkommen, aber das Selbstmatt ist ein anerkanntes Genre der Problemkunst mit einer uralten Geschichte. Letztenendes sind die Methoden, mit denen der Weiße sein Ziel erreicht, die gleichen wie bei einem Direktmatt: Zwang und Zugzwang.

In einer zweiten Schaffensphase (1875-1876) komponierte Pauls ausschließlich Selbstmattprobleme. In drei Artikeln „Zur Problemkunde”5 gab er dabei einen kleinen Einblick in seine Kompositionstechnik.

Zu dem fogenden Problem erklärte Pauls: „Es handelte sich darum, ein Selbstmat zu verfassen, bei welchem das gegenseitige Kräfteverhältniss ein durchaus gleiches und die Actionsfreiheit der schwarzen Officiere eine möglichst grosse war.” Dieses Ziel ist in Selbstmattproblemen schwer zu erreichen, weil ja Schwarz dazu gezwungen werden muß, etwas ganz spezifisches zu tun, nämlich Weiß mattzusetzen. Das läßt sich eigentlich nur über ganz groben Zwang erreichen, weswegen Weiß in Selbstmattproblemem meist ein großes Übergewicht hat.

In den folgenden beiden Aufgaben stellte sich Pauls selbst die Aufgabe, einen langen Königsmarsch in einem Selbstmattproblem darzustellen.6

Mit dem Ergebnis seiner Bemühungen war er allerdings nicht zufrieden, und er kündigte an, dass er „vielzügige Probleme [...] wahrscheinlich nie wieder verfassen werde.” Es scheint, dass er diese Ankündigung wahr gemacht hat: nach 1876 haben wir gar keine Veröffentlichungen mit Problemen von Pauls mehr finden können.

5 Schlußwort

Emil Pauls hatte offensichtlich viele Interessen und sein schachliches Werk machte nur einen ganz kleinen Teil seiner Hinterlassenschaft aus. Die wenigen Partien, die wir von ihm kennen, deuten an, dass er für die Standards jener Zeit über eine sehr ordentliche Spielstärke verfügte, und seine Kompositionen zeigen durchaus Geschick und Talent. Insgesamt waren seine schachlichen Leistungen dann aber doch zu unbedeutend, um nicht vergessen zu werden.7 Andererseits ist Pauls einer von gerade mal einer Handvoll Aachener Spieler aus dem 19. Jahrhundert, von denen uns überhaupt Partien überliefert sind. (Wobei wir hier die Eingemeindung Kornelimünsters nach Aachen von 1972 einfach mal retroaktiv anwenden.) Insofern ist er für unsere lokale Schachgeschichte durchaus ein interessanter Fall.

Zwei Aspekte seiner schachlichen Schriften haben wir in diesem Artikel noch nicht berücksichtigt. Da wäre zu einem seine mathematische Arbeit zum Maximalproblem der Dame8, die das gleiche Schicksal erlitt wie seine Schachprobleme und mehr oder weniger vergessen wurde, obwohl er in ihr als erster ein interessantes mathematisches Problem löste. Hier hat ihn das Schicksal vieler Amateurmathematiker eingeholt: seine Ergebnisse wurden häufig nicht zitiert oder gar anderen Autoren zugeschrieben. Wir erzählen diese Geschichte in einem gesonderten Artikel [pdf].

Große Anerkennung erfuhr Pauls aber als Lokalhistoriker. Mit einem seiner schachhistorischen Beiträge werden wir uns bei anderer Gelegenheit beschäftigen.

Anmerkungen

  1. Alle Angaben nach Richard Pick, Archivdirektor: Zur Erinnerung an Emil Pauls, Sonderdruck aus Band 33 der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins Aachen, 1912
  2. Deutsche Schachzeitung 29.Jg. (1874), S.69-81, 193-197, 353-358.
  3. Schachzeitung 15. Jg. (1860), S.183, 352; 16.Jg. (1861), S.75. Siehe auch H.Renette, F.Zavatarelli: Neumann, Hischfeld and Suhle, McFarland 2016, S.345-346.
  4. Elke Rehder: Schach in Zeitungen des 19. Jahrhunderts, Edition Jung, 2014
  5. Deutsche Schachzeitung 30.Jg. (1875), S.289-294; 31.Jg. (1876), S.97-102, 289-295
  6. Deutsche Schachzeitung, 31.Jg. (1876), S.100f.
  7. Neuerdings haben allerdings einige schachhistorische Werke seinen Namen und sein Bildnis noch mal ausgegraben, siehe z.B. die oben zitierten Bücher von Rehder und Renette/Zavatarelli.
  8. Schachzeitung, 29.Jg. (1874), S.129-134 und S.257-267.