Die Fernpartien 1856-1868

In den Zeiten, in denen der Aachener Schachverein gegründet wurde, war schon allein wegen der Verkehrsverhältnisse nicht daran zu denken, Mannschaftskämpfe oder gar einen Ligabetrieb zu organisieren. Stattdessen spielten die Clubs Fernpartien gegeneinander. Auch der Aachener Schachverein versuchte, auf diese Weise Kontakt zu den anderen Vereinen in der Umgebung herzustellen. Mit Ruhm hat er sich dabei nicht bekleckert.

Der erste Versuch

Wenn man auf das Datum der folgenden Partie schaut, dann liegt die Vermutung nahe, dass man auf der Gründungsversammlung des Aachener Schachverein im Oktober 1856 beschlossen hatte, eine Herausforderung an den bereits seits 1851 bestehenden Schachclub in Elberfeld zu senden.

Bei solchen Korrespondenzpartien dürfte vor allem das Kräfteverhältnis zwischen den beiden stärksten Spielern der jeweiligen Vereine für das Ergebnis verantwortlich gewesen sein. Wer auf Aachener Seite federführend war, ist uns zwar nicht mitgeteilt, aber wahrscheinlich war es der Vereinsgründer Hermann von Hanneken.

Was Elberfeld angeht, so lesen wir anlässlich einer Partie Elberfeld gegen Amsterdam aus dem Jahre 1861, dass das die Correspondenzpartie leitende Comité des Elberfelder Schachclub aus fünf Mitgliedern bestand, und diesem die bekannten Spieler Alfred Schlieper und Otto Wülfing angehörten.1 Die Einsatzsumme bei jener Partie betrug übrigens 100 Thaler auf beiden Seiten, was ungefähr dem Jahreslohn eines Fabrikarbeiters entsprach. Für die vorliegende Partie mit Aachen wird aber nichts von einem Einsatz berichtet.

Die Eröffnung, die in dieser Premieren-Partie aufs Brett kommt, wird heute als Max-Lange-Angriff bezeichnet. Von ihm stammen auch die Kommentare, die wir hier in Anführungszeichen wiedergeben.2

Die Revanche

Man bekam von Elberfeld sogleich die Gelegenheit zur Revanche. Im 19. Jahrhundert waren die Spielregeln noch nicht so festgelegt wie heute. Es war z.B. durchaus üblich, dass man die Farbe und den Anzug getrennt voneinander ausloste. So wurde es z.B. auch beim Turnier in London 1851 gehandhabt. In der vorliegenden Partie bekam Aachen den Anzug, spielte aber wieder, wie in der ersten Partie, mit den schwarzen Steinen. Es ist aber fast unmöglich, das einem modernen Schachprogramm beizubringen. Deswegen präsentieren wir die Partie mit vertauschten Farben. Die Kommentare aus der Schachzeitung3, die wir mit Anführungszeichen kennzeichnen, haben wir entsprechend angepasst.

Die Partie gegen Krefeld

Die nächste Fernpartie, von der wissen, wurde 1858 gegen den Krefelder Schachklub Turm ausgetragen. Auch diese Partie ging verloren, wie wir der Krefelder Chronik entnehmen.4 Gnädigerweise ist der Partieverlauf nicht überliefert.

Die Partie gegen Köln

Vom 30. August bis 3. September 1867 fand in Köln der 6. Kongress des Westdeutschen Schachbundes statt. Damals hatte Aachen zum ersten Male die Gelegenheit ergriffen, mit auswärtigen Kräften den Wettkampf in dem edlen Spiele, das seit einer Reihe von Jahren ganz im Stillen hier gepflegt wurde, aufzunehmen und in einer durchaus befriedigenden Weise zu bestehen, schrieb die Aachener Zeitung in einem Artikel am 11. April 1868. Aus diesem Bericht geht auch hervor, dass man bei dieser Gelegenheit eine Fernpartie mit dem Kölner Schachclub begonnen hatte. Die Notation derselben erschien in der Neuen Berliner Schachzeitung.5

Diese Partie war also ziemlich ereignisarm. Aber der schachliche Fortschritt, den die Aachener seit ihrem Elberfeld-Trauma gemacht hatten, ist unübersehbar. Dieser Qualitätssprung dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass der Aachener Verein einen neuen Spitzenspieler hatte: Dr. Ludwig Schuster. Ihn wollen wir demnächst in einem Folgebeitrag vorstellen.

Anmerkungen

  1. Max Lange: Sonntagsblätter für Schachfreunde, Nr.2, 1861
  2. Max Lange: Jahrbuch des Westdeutschen Schachbunds 1862, Leipzig 1862, S.7f
  3. Schachzeitung, Jg.12 (1857), S.366f
  4. Krefelder Schachklub Turm 1851: 100 Jahre Schach in der Samt- und Seidenstadt Krefeld 1851-1951, S.7
  5. Neue Berliner Schachzeitung, Jg. 06 (1869), S.17-18