Vereinschronik zum 135-jährigen Jubiläum des Aachener Schachverein 1856 e.V.

Zusammengestellt von Prof. Dr. Hans Siegfried Scherer, 13.10.1991. Für diese Webseite haben wir am Originaltext nur einige wenige, offensichtliche Korrekturen vorgenommen und einen Absatz ausgelassen. Diese Änderungen sind durch eckige Klammern [] kenntlich gemacht. Anpassungen der Rechtschreibung wurden stillschweigend durchgeführt.

Der Aachener Schachverein 1856
Ein Traditionsverein stellt sich vor

1856

Nachdem jahrhundertelang Schach das Spiel einer privilegierten Minderheit war - auf vielen mittelalterlichen Darstellungen sieht man adelige Damen und Ritter am Schachbrett -, entdeckten mit dem Aufstieg des Bürgertums und dem Entstehen einer wohlhabenden Mittelschicht immer mehr Menschen die Schönheit des Spiels, das ehedem den Königen vorbehalten war.

Mitte des 19. Jahrhunderts gründeten Angehörige des Aachener Bürgertums nach Vorbild englischer Clubs die Erholungsgesellschaft, eine Vereinigung, die bis heute fortbesteht und in der Reihstraße ein ruhig gelegenes Haus mit prächtigen Gesellschaftsräumen besitzt. Wenige Jahre nach Gründung der Erholungsgesellschaft beschloß eine Reihe ihrer Mitglieder (Adelige, Kaufleute, Beamte, Offiziere der Preußischen Armee), nachdem man schon lange zuvor immer wieder einmal zwanglos bei einer Partie zusammensaß, zur Pflege des Schachspiels einen eigenen Verein ins Leben zu rufen. Treibende Kraft war ein Major von Hanneken, der in der Lage war, simultan mehrere Spiele blind zu führen. Die konstituierende Sitzung fand am 13.10.1856 im Lokal der Wirtin Eydens am Elisenbrunnen statt, und mit dem 9.11. des gleichen Jahres war der Verein offiziell gegründet. Erster Vorsitzender wurde Major von Hanneken, weiterhin wurden in den Vorstand gewählt die Herren N.C. Strom, von Rappard, Ed. Scheibler, D. Uhlhorn, Hartmann, Staabs, Creutz, Sandorn und E.J. Kendall. Damit war der AACHENER SCHACHVEREIN VON 1856 geboren. Im [Deutschen Schachbund] ist der ASV heute der [neuntälteste] Schach-Club mit einer inzwischen 135-jährigen Tradition.

1864

Der Aachener Schachverein richtet das erste Turnier seiner Geschichte aus. Es siegt Herr Riefenstahl (Preisgeld: 5 Taler) vor Herrn Dr. Schuster (3 Taler) und Herrn Scheibler (2 Taler).

1868

Zwölf Jahre nach seiner Gründung richtet der AACHENER SCHACHVEREIN VON 1856 mit dem 7. Rheinischen Schachkongreß ein großes Meisterturnier aus. Erst im Stichkampf setzt sich Max Lange gegen den Mitte des vergangenen Jahrhunderts als bester Spieler der Welt geltenden Adolf Anderssen durch. Weitere Teilnehmer waren so berühmte Schachheroen wie Louis Paulsen und Johannes Hermann Zukertort. Das Turnier fand mit Rahmen eines sehr schön gestalteten Schachkongresses statt, an dem die Aachener Bevölkerung regen Anteil nahm. Im Rheinischen Hauptturnier siegte Franz Tendering (Bonn) vor Dr. Schuster (ASV).

1870-1894

Über das Vereinsleben in der Zeit nach 1868 haben wir wenig oder gar keine Kenntnisse. Es scheint, daß in dieser Periode die Geselligkeit vor der eigentlichen schachlichen Aktivität rangierte. Seit 1894 jedoch wurden mehr oder weniger regelmäßig Aufzeichnungen geführt, aus denen hervorgeht, daß der ASV 1856 eine regionale Schach-Großmacht war und sich im Rheinland in zahlreichen Vereinskämpfen durchsetzen konnte. An herausragenden Ereignissen von überregionaler Bedeutung jedoch ist nichts überliefert.

1877

Nachdem sich Anderssen nachdrücklich für die Schaffung einer nationalen Dachorganisation eingesetzt hat, kommt es am 18. Juni 1877 zur Gründung des Deutschen Schachbundes. Sechs Clubs [aus dem Rheinland] hatten eine Delegation entsandt, so daß die Vereine aus Aachen, Barmen, Dortmund, Köln, Düsseldorf und Krefeld als Gründungsmitglieder zu gelten haben.

1894

Nachdem es gegen Ende des 19. Jahrhunderts zur Gründung eines zweiten Schachvereins in Aachen gekommen war, ging der Spielbetrieb stark zurück. Beide Vereine gruben sich gegenseitig das Wasser ab und überlebten nur mit Mühe. Hinzu kam, daß es in den Jahren zuvor immer wieder zu Verlegungen des Spiellokals gekommen war; so mußte der ASV allein im Jahre 1894 viermal umziehen. Innerhalb des Vereins wurden daher Stimmen laut, die eine Auflösung befürworteten.

Als die Aachener Schachgesellschaft anbot, mit dem ASV zu fusionieren, waren sich die Vorstände bald einig, und so trat die Aachener Schachgesellschaft geschlossen dem ASV 1856 bei. Dem organisierten Schach in Aachen war es damit gelungen, die existentielle Krise zu überwinden. In der Folge stieg die Mitgliederzahl ständig an.

1909

Um das Interesse weiterer Bevölkerungskreise auf das königliche Spiel zu lenken, beschließt der Vorstand, in den nachfolgenden Jahren international bekannte Meister zu Simultan-Veranstaltungen nach Aachen einzuladen. Als erster Meister tritt am 18.10.1909 Jacques Mieses an 20 Brettern an. Er gewinnt 18 Partien, verliert eine und gestaltet eine unentschieden.

Es ist dies die Zeit der Schachcafés, in der man sich in einschlägigen Lokalen trifft, um wahnwitzige Husarenpartien zu spielen. Aus dem Heer dieses Spielerpotentials rekrutiert später der Deutsche Arbeiter-Schachbund seine Mitglieder.

1911

Am 27.5.1911 spielt das amerikanische Schachgenie Frank Marshall in Aachen simultan an 19 Brettern. Er gewinnt 16 Partien, verliert zwei und gestaltet eine Partie Remis.

1912

Da an den Vereinsabenden kaum noch Spielbetrieb herrscht, wird erneut erwogen, den Verein aufzulösen. Darauf verbindet sich der ASV mit dem neu gegründeten Verein Turm Aachen. Der Vereinsname AACHENER SCHACHVEREIN wird beibehalten.

1914 - 1920

Der Ausbruch des ersten Weltkrieges hat starke Auswirkungen auf das Vereinsleben. Die Aufzeichnungen reißen abrupt ab, und erst für das Jahr 1921 gibt es wieder schriftliche Dokumente, in denen die vergangenen Jahre jedoch nicht erwähnt sind. In einer wohl im Jahre 1926 entstandenen Zusammenfassung der Vereinsgeschichte heißt es zu dieser Zeit: "...zu Beginn des Weltkrieges wurde das Interesse an dem friedlichen Schachspiel durch die allgemeine Aufregung, die das wahre Kriegsspiel in der ganzen Welt hervorbrachte, ganz in den Hintergrund gedrängt; durch die immer bedrohlicher werdende Kriegs- und Wirtschaftslage sowie das Einziehen aller wehrhaften Mitglieder bestand der Verein nur noch dem Namen nach. Das in den Jahren angeschaffte Schachmaterial hatte keinen Schachwart mehr und wurde in alle Winde zerstreut. 1919: Der Krieg war zu Ende. Manch Schächer lag auf dem Felde der Ehre oder kehrte heim, verwundet, krank an Geist und Körper oder wirtschaftlich ruiniert."

1921

Erst vom Jahre 1921 an sind wieder regelmäßige Aufzeichnungen erhalten, aus denen zu schließen ist, daß es auch bereits vor diesem Datum wieder ein geregeltes Schachleben gab. Anscheinend hatten sich bereits seit 1921 ehemalige Mitglieder zwanglos im Café Vier Jahreszeiten getroffen. Vorsitzender ist in dieser Zeit Stadtbaumeister Otto Brech, der den Verein lange Zeit führte und mit dessen Namen eine ganze Epoche des Aachener Schachs verbunden ist. Aus gesundheitlichen Gründen wird O. Brech 1929 den Vorsitz niederlegen, doch bleibt er danach noch lange Jahre für den Verein tätig.

1924

Am 18.10.1924 gibt Jacques Mieses erneut eine Simultanvorstellung. Er tritt an gegen die ASVer Dreyfus, Kamps, Classen, Vopel, Schmachtenberg, Mühlenkamp, Krantz, Taussig, van Spankeren, Schander, Dr. Classe, Becker, Voepel, Hoffmann, Frank, Franzen, Mayer, Berg sowie die vom ASV eingeladenen Herren Küpper, Besgen, Heiden und Maltz vom Eschweiler Schachverein. Mieses verliert gegen Schmachtenberg und Becker, remisiert gegen Schander und Dr. Classe. Die übrigen Partien gestaltet er siegreich.

1925

Der Wiener Großmeister Rudolf Spielmann kommt zu einer Simultan-Veranstaltung in die alte Kaiserstadt. Es gelingt ihm, an 20 Brettern zu gewinnen, doch halten die Herren Becker, Claßen, Franzen, van Spankeren und Vopel gegen den Meister ein Remis.

Am 5. 2. 1925 spielt Weltmeister Dr. Emanuel Lasker auf Einladung des ASV 1856 simultan an 35 Brettern. Der Weltmeister ist von keinem der Herausforderer zu schlagen. Immerhin erreichen die Herren Dreyfus, Vopel und Wahs ein Remis.

Der tschechische Großmeister und Neuerer im Schach Richard Reti spielt am 15.10.1925 simultan an 12 Brettern. Er gewinnt 9 Partien, verliert gegen die ASVer Riese und Dreyfus und remisiert gegen Lauterjung und Taussig.

1930

Nachdem Herr Hilden Baumeister Otto Brech 1929 als Vorsitzender abgelöst hat, wird der seit einigen Jahren dem Verein angehörende international bekannte Schachkomponist W. von Pittler neuer Vorsitzender. Seit August 1926 leitet er die Schachecke des "Politischen Tageblatts" und erreicht so einen weiten Leserkreis. Mit diesem noch jungen Mann hat der ASV einen Lenker gefunden, der ungeachtet einer chronischen Lungenkrankheit von hoher Dynamik erfüllt ist und einen außerordentlichen Aufschwung des Schachs im Dreiländereck herbeiführen wird.

1932

Auf Einladung des ASV 1856 tritt am 27.10.1932 Efim Dimitrijewitsch Bogoljubow zu einer Simultan-Vorstellung an. Eingeladen sind auch Vertreter der übrigen Vereine des Aachener Raumes. Der Großmeister hatte sich 1914 bei Ausbruch des Krieges zufällig in Deutschland aufgehalten und wurde zunächst in Baden-Baden, später in Triberg im Schwarzwald interniert. Nach Beendigung der Kampfhandlungen kehrte Bogoljubow nicht mehr in seine russische Heimat zurück und erwarb im Jahre 1921 die deutsche Staatsangehörigkeit. Im Protokollbuch des ASV findet sich der folgende handschriftliche Eintrag des Meisters: "Heute erst entdeckte ich den Schachverein Aachen! Das erweckte Interesse für Schach ist auch hier zu merken. E. Bogoljubow"

1933-1939

Die Machtergreifung durch die Nazionalsozialisten hatte Auswirkungen bis hin zur Struktur einzelner Vereine. Am 23. April 1933 wird in Bad Pyrmont der Großdeutsche Schachbund gegründet. Dieser bestimmt, daß 51% des Vorstandes eines Schachvereins Nationalsozialisten sein müssen. Vor diesem Hintergrund tritt der amtierende Vorstand zurück. Es wird ein neuer Vorstand gewählt. Vorsitzender wird Dr. Peter Müller. Gleichzeitig ruft der Großdeutsche Schachbund seine Mitglieder zu einer Nationalen Schach-Werbewoche auf, die "in der Himmelfahrtswoche in ganz Deutschland zur Durchführung gelangen soll". Die Anfangsbegeisterung für die neue politische Ordnung setzte vor allem in Aachen ungeahnte Kräfte frei. [...]

Am 22.5.1933 spielt Efim Dmitrijewitsch Bogoljubow im Rahmen des vom ASV 1856 ausgetragenen Deutschen Meisterturniers 1933 simultan an 14 Brettern. Er gewinnt 12 Partien; Herrn Hofschneider gelingt ein Sieg, Herrn Hilden ein Remis gegen den Großmeister.

Zwei Tage nach dieser ersten Demonstration spielt Bogoljubow erneut simultan, diesmal an 27 Brettern. Zwei dieser Partien spielt er blind. In den offenen Partien siegen die Herren Hilden und Roßkopf. Herr Vopel spielt remis, ebenso ein Frl. Elfriede Müller (der Meister war noch ein Kavalier der alten Schule!). Eine der blind geführten Partien gewinnt der Meister, die andere verliert er.

In der Zeit vom 26. Mai bis 8. Juni 1933 richtet der ASV 1856 zum Gedenken an Louis Paulsen ein Nationales Deutsches Meisterturnier aus, das mit folgendem Schluß-Klassement endet: 1. Bogoljubow (7,5 Punkte), 2. Richter (7), 3./4. Ahues, Sämisch (6,5), 5. Weißgerber (6), 6./7. Brinckmann, Rellstab (5,5).

Auf Initiative des ASV 1856 wird im Rahmenprogramm zum Deutschen Meisterturnier erstmals eine Aachener Stadtmeisterschaft ausgetragen. Nach harten und emotionsgeladenen Kämpfen wird L. Stassen durch einen Sieg im Stichkampf gegen F. Vopel erster Aachener Stadtmeister.

Alfred Brinckmann spielt am 28.8. 1933 simultan gegen 32 Gegner. Er gewinnt 21 Partien, an 5 Brettern spielt er Remis (Dechène, Klinkenberg, Gillesen, Knauff, Riese), an weiteren 6 Brettern muß der Meister Niederlagen hinnehmen (Lieser, Schwan, Classens, Laschet, Dericum, Deutz). Zu Brinckmann etwickelt sich, ebenso wie zuvor schon zu Bogoljubow ein ausgesprochen herzliches Verhältnis, so daß ihn der ASV 1856 für den 8. und 18. September des gleichen Jahres zu schachtheoretischen Vorträgen in die Corneliusstuben einlädt.

1934

Nicht einmal vierunddreißigjährig erliegt Wolfgang William von Pittler am 24. Januar 1934 seinem schweren Lungenleiden. Geboren am 14. April 1900 in Leipzig, kam er über Berlin und nach einem Ingenieurstudium in Mitweida nach Stolberg, von wo er bald Anschluß an den Aachener Schachverein suchte. Sein jugendlicher Elan trug ihn im Jahre 1930 an die Vereinspitze, wo er sich jedoch wegen seiner tückischen Erkrankung nach drei Amtsjahren durch Herrn Dr. Müller ablösen lassen mußte. "Ein tüchtiger Schachkenner, ein glühender Werber für das königliche Spiel, ein kluger und vornehmer Mensch ist von uns gegangen", heißt es in der Ausgabe des Politischen Tageblatts vom 26. Januar 1934. Von 1935 an und auch noch nach dem Krieg sind zu seinen Ehren eine ganze Reihe von "Wolfgang von Pittler- Gedächtnis-Turnieren" durchgeführt worden. Nachfolger v. Pittlers wird der Direktor der Aachener Kleinbahn, Dr. Ing. Peter Müller, unter dessen Ägide der ASV 1856 zu einem der führenden Vereine Deutschlands wird.

In der Zeit vom 13. bis 29. Mai 1934 findet, ausgerichtet vom Aachener Schachverein 1856, den Räumen des Alten Kurhauses in der Comphaustradstraße das TURNIER UM DIE MEISTERSCHAFT VON DEUTSCHLAND statt. Insgesamt 18 Spieler haben sich für diese Meisterschaft qualifiziert. Ein großes Rahmenprogramm verleiht dem Ereignis besonderen Glanz. Unter anderem wird auf dem Katschhof die "unsterbliche Partie" Anderssen - Kieseritzki als "lebendes Schach" vorgeführt und per Lautsprecher kommentiert. (Der weiße König stellt Friedrich Wilhelm III., der schwarze Napoleon I. dar.) Deutscher Meister wird etwas überraschend der bereits 54jährige Bremer Carl Carls, Vizemeister der Hamburger Reinhardt. Den dritten Rang erreicht der Nürnberger Dr. Rödl. Bei de Gruyter & Co. erschien im Anschluß ein von A. Brinckmann verfaßtes Turnierbuch mit dem Titel "Die Deutsche Schachmeisterschaft in Bad Aachen 1934", von dem jedoch beim ASV 1856 kein Exemplar erhalten ist.

1935

Einblick in die Auswirkungen des nationalsozialistischen Einwirkens in das Vereinsleben geben die in der Generalversammlung vom 9. Januar 1935 vorgetragenen neuen Statuten, in denen das sogenannte Führerprinzip konsequent durchgesetzt ist. Statt "Vorsitzender" heißt es nunmehr "Vereinsleiter", und dieser Vereinsleiter hat weitreichende Vollmachten, insofern nämlich der übrige Vorstand nicht von den Mitgliedern gewählt, sondern vom Vereinsleiter ernannt wird. Besonders beklagenswert ist die Umsetzung der unmenschlichen Ariergesetzgebung. So heißt es in §3.a der damaligen Statuten: "Nicht aufgenommen werden dürfen Juden sowie Personen, die sich strafrechtlicher Verfehlungen schuldig gemacht haben, sofern diese ehrenrührig waren." Zählten in den Jahrzehnten zuvor immer eine Reihe jüdischer Mitbürger zu den aktivsten und beliebtesten Angehörigen des Vereins, so tauchen nunmehr jüdische Namen in den Mitgliederverzeichnissen nicht mehr auf: Ein moralischer Verlust, der auch durch die zahlreichen Neuaufnahmen dieser Zeit nicht zu kompensieren war.

Die hervonagende Abwicklung der Deutschen Meisterschaft im Jahre 1934 bewog den Großdeutschen Schachbund, auch 1935 wieder die Endrunde in Aachen ausrichten zu lassen. Das Programm wurde ähnlich wie im Vorjahr gestaltet mit lebendem Schach, buntem Abend, Ausflügen in die Umgebung, Schlußfeier usw. Deutscher Meister 1935 wurde Kurt Richter. In den 2. bis 4. Platz teilten sich Ahues, Ernst und Michel, 5. wurde Engels. Euphorisch meint der Westdeutsche Beobachter im Rückblick auf die drei schachlichen Großereignisse: "Aachen ist hierdurch nicht nur zur SCHACHMETROPOLE DES WESTENS, sondern Deutschlands geworden und wird überall die Leistung des Aachener Schachvereins von 1856 gewürdigt und anerkannt." Die spektakulären Aktivitäten des Vereins verfehlen nicht ihre Wirkung auf die Öffentlichkeit. So zählt der ASV 1856 am Ende des Jahres 1935 nicht weniger als 140 Mitglieder, und in der Generalversammlung vom 28. 5. 1936 werden nicht weniger als 45 neue ASVer vorgestellt. Damit ist der Aachener Schachverein von 1856 einer der größten Schachclubs in ganz Deutschland.

1937

Am 1. November 1937 erliegt der Ehrenvorsitzende Stadtbaumeister Otto Brech im Alter von 59 Jahren seiner schweren Krankheit. Der gebürtige Saarländer hatte im Jahre 1921 die Leitung des ASV übernommen, um sie 1928 an Wolfgang von Pittler weiterzugeben. Nach dem Tode von Pittlers übernahm er dann die Betreuung der Schachspalte im Aachener Anzeiger/Politischen Tageblatt. In der Ausgabe vom 5. November 1937 wird seine Leistung als Lenker des ASV ebenso gewürdigt wie seine überragende Spielstärke am Brett und seine journalistischen Verdienste als Schachkommentator. Auf Anregung Brechs fanden seit 1925 alljährlich Zweikämpfe zwischen dem Aachener Schachverein und dem Schachverband Holländisch-Limburg statt. Eine Tradition, die auch den 2. Weltkrieg überdauerte und erst in den letzten Jahren zum Erliegen kam. Auch im Gedächtnis an Otto Brech wurden in den nachfolgenden Jahren wiederholt Schachturniere ausgetragen.

In der Zeit vom 27. Dezember 1937 bis 2. Januar 1938 richtet der Aachener Schachverein die RHEINISCHE MEISTERSCHAFT aus. Die Organisation "Kraft durch Freude" hatte für die Sieger attraktive See- und Landreisen ausgesetzt. Erster Preisträger wurde Hussong aus Mannheim. Der ASVer Staudte, der vor der letzten Runde noch auf Platz 1 gelegen hatte, verlor die entscheidende Partie gegen Hussong und wurde so nur vierter.

1938

Der Deutsche Meister Georg Kieninger, ein Schüler Tarraschs, spielt im Corneliusbad simultan gegen 35 Gegner. Er gewinnt 28 Partien, verliert 2 und gestaltet 5 unentschieden.

In der Zeit vom 17. September bis 1. Oktober 1938 richtet der ASV 1856 im Alten Kurhaus das 1. Reichsturnier der N.S.G. "Kraft durch Freude aus". Es gewann der bekannte Wiener Schachtheoretiker Hans Müller. Als Siegerpreis erhielt er eine Seereise nach Griechenland. Zweiter wurde Elstner aus Berlin, Dritter John, ebenfalls aus Berlin. Während der Schlußfeier wird bekannt gegeben, daß das Reichsturnier auch in Zukunft in Aachen stattfinden soll. Die Ereignisse von 1939 an sorgen jedoch dafür, daß das erste Reichsturnier auch das letzte blieb.

1939

Am 8. April [1939] stirbt in Düsseldorf der bisherige Vereinsleiter Dr. Ing. P. Müller. Dieser war in eine unklare Affäre verwickelt und mußte daher aus der Leitung der Aachener Kleinbahn ausscheiden. Stillschweigend hatte er dabei auch den Vorsitz des Aachener Schachvereins niedergelegt. Der Verein hatte es jedoch abgelehnt, sich einen neuen Leiter zu geben, bevor die gegen Dr. Müller erhobenen Anschuldigungen nicht bewiesen waren. Nach seinem Ableben soll nun ein neuer Vorsitzender gewählt werden, doch reißen die Aufzeichnungen an dieser Stelle ab.

1943

Für die Jahre 1939 bis 1945 enthält die Chronik des Aachener Schachvereins als einziges Dokument eine Niederschrift zur Jahreshauptversammlung aus dem Jahre 1943. Daraus ist zu entnehmen, daß ein Major von Schander Vorsitzender war - im Protokoll auch wieder so bezeichnet! -, der jedoch sein Amt wegen Arbeitsüberlastung niederlegte. Nachfolger wurde Franz Moitroux, Schriftführer Dr. Ed. Pistorius, Kassierer Wilhelm Jansen, Spielleiter Josef Brammertz. Bemerkenswert ist, daß man vom sogenannten Führerprinzip offenbar wieder abgekommen ist, denn alle Vorstandsmitglieder gelangten qua Abstimmung ins Amt. Inwiefern diesem Verfahrensmodus eine Anderung der Statuten vorangegangen ist, läßt sich aufgrund der Dokumentenlage heute nicht mehr klären.

1945

In einem an Herrn Josef Körfer, Zollernstraße 55 gerichteten Brief genehmigt das englische Militär-Gouvernement am 31. Oktober 1945 mit Bezug auf ein Schreiben vom 20. des Monats die Wiederaufnahme des Schach -Spielbetriebs.

1946

Nachdem sich trotz fehlender Räumlichkeiten, Heiz- und Beleuchtungsprohleme, abhanden gekommenen Spielmaterials etc. ganz Unentwegte in der Wohnung von Herrn Hubert Timmermann bereits 1945 wieder zum Schachspiel zusammengefunden hatten, kam es am 23. Februar 1946 im Saal der Witwe Anton Kohnen, Beekstraße, zu einer Zusammenkunft folgender ehemaliger ASVer:

Franz Moitraux, Hubert Hilden, A. Becker, Josef Brammertz, Josef Körfer, Wilhelm Jansen, Albert Timmermann, Hubert Timmermann, Josef Quernheim, Christian Dautzenberg, Karl Eckel, Wilhelm Kleensang, Mathias Hambach, Ignaz Zrybilski, Adolf Engelke, Albert Thomas, Caspar Pelzer, Heinrich Mommertz. Außerdem fanden sich ein: Paul Johannsen, Franz Spillmann, Klaus Hoff, Johann Vreydal und Karl Schreiber. Um nicht frieren zu müssen, hatten alle etwas Brennmaterial mitgebracht. Um 17.30 Uhr begannen die Beratungen; ein neuer Vorstand sollte gewählt werden. "Weil ehemalige Parteimitglieder nach Anweisung der Militärregierung keine führende Vereinsposten inne haben dürfen, fiel eine große Anzahl der Anwesenden aus ..." Schließlich kam es zu folgender Zusammensetzung: 1.Vorsitzender: Albert Timmermann, Schriftführer: Christian Dautzenberg, Kassierer: Josef Körfer, Schachwart: Josef Brammertz. Das Protokoll endet mit den Worten: "Neues Leben, neues Blut ist dem Schachverein 1856 eingeflößt worden, so daß zu erwarten steht, daß er wachsen, blühen und gedeihen wird, um manchem eine Stunde des Vergessens der täglichen Sorgen und Plagen erbringen zu können".

Zunächst entwickelte sich im Bunker in der Römerstraße ein täglicher Spielbetrieb. "Die schlechte Luft des großen Raumes, der hauptsächlich von Durchreisenden belegt war, und die vielfachen Störungen ließen aber auch hier kein normales Schachleben zu."

Der erste Wettkampf nach dem Krieg fand am 23.3.1946 zwischen dem ASV 1856 und der Aachener Schachgesellschaft von 1930 statt. Es siegte der ASV mit 10 zu 7 Punkten; den Rückkampf gewannen dann die Männer von der ASG mit 11,5 zu 10,5 Punkten. Der Spielbetrieb kommt langsam wieder in Gang, und am 11.Mai 1946 hat der Club bereits wieder 47 Mitglieder. Im gleichen Jahre, am 29.9.1946, werden auch die Kämpfe um die Verbandsmeisterschaft wieder aufgenommen. Auch eine Aachener Stadtmeisterschaft wird wieder ausgetragen. "Wegen des Mangels an Uhren mußten die Spiele jeder Runde auf verschiedene Tage verteilt werden." Nach einem Stichkampf gegen Quernheim wurde Hilden erster Stadtmeister nach dem Kriege. Aber auch sonst wirkt sich die katastrophale Versorgungslage negativ auf die Vereinsarbeit aus. In dem bitterkalten Winter 1946-47 stehen die Spielwilligen oft vor verschlossener Tür, da das Spiellokal nicht beheizt werden kann. Da die Kosten des Vereins aus den Mitgliedsbeiträgen allein nicht zu decken sind, wird beschlossen, daß jeder Teilnehmer an den Spielabenden 30 Pfennig zu entrichten hat, für Gäste beläuft sich dieser Beitrag auf 1 Reichsmark.

1948

Vor Ausbruch des Krieges verfügte der ASV 1856 über eine große Schachbibliothek, in die auch die umfangreichen Bestände seines früheren Vorsitzenden v. Pittler eingegangen waren. Wie sich aus den Protokollen des Jahres 1948 ergibt, ist diese "ehemals beste Schachbibliothek Deutschlands" durch Kriegseinwirkungen weitgehend vernichtet worden. "Am 1. Januar 1948 bestand sie noch aus 80 zum Teil veralterten Büchern. Diesem Notstand zu steuern galt die Arbeit des Bibliothekars. Jedoch war dieser sich darüber klar, daß das alte Niveau nie mehr erreicht werden konnte." Den Schwierigkeiten der Zeit zum Trotz hat der Verein bereits wieder 83 Mitglieder. Das führte andererseits in einer nahezu gänzlich zerstörten Stadt zwangsläufig zu akuten Raumproblemen. Erstmals macht in einer erregten Debatte der Schriftführer Adolf Engelke den radikalen Vorschlag, ein Trümmergrundstück zu kaufen und ein eigenes Clubhaus zu bauen. "Somit wäre mit einem Mal die Frage gelöst, an der der Verein seit seiner Gründung krankt: Wo findet der Verein ein geeignetes Clublokal." - Das Problem, das hier diskutiert wurde, hat leider bis zum heutigen Tage nicht gelöst werden können.

1949

Nachdem man im Vorjahr ein entsprechendes Angebot abgelehnt hatte, übernimmt der ASV 1856 im Jahre 1949 die Ausrichtung der Verbands-Einzelmeisterschaft des Niederrheinischen Schachverbands. Das Turnier-Komitee, bestehend aus den Herren Klinkenberg, A. Timmermann, Gillessen, Hilden, Eckel und Krantz, schafft wahre Wunder. Es gelingt, Unterkunft und Verpflegung für die 12 Teilnehmer zu sichern, die sich für das Turnier qualifiziert haben. Es findet sich ein geeigneter Saal, der zudem festlich geschmückt wird. Ja sogar ein drucktechnisch ansprechendes Programm der Veranstaltung liegt für Interessierte bereit. Im Rahmenprogramm wird das 2. Otto Brech-Gedenkturnier durchgeführt, für das 9 Teilnehmer die Spielberechtigung erlangt haben.

1951

Die Jahre nach der Währungsreform waren eine Zeit der Konsolidierung nach innen und außen. Großen Raum nahm in den Versammlungen die Festsetzung eines angemessenen Monatsbeitrags ein. Ein Kassierer trat sogar zurück, weil er der Auffassung war, daß der beschlossene Mitgliedsbeitrag so gering sei, daß damit das Ende des Vereins besiegelt würde. Schließlich legten die Mitglieder im Jahr 1951 einen monatlichen Beitrag von DM 2,-- fest. Dies ist gemessen an den damaligen Einkommensverhältnissen - ein monatliches Lohneinkommen dürfte bei 200 Mark gelegen haben -, eine nicht unerhebliche Summe, die deutlich macht, wie preiswert Schach heute zu haben ist.

Am 1. Juli 1951 erhält der ASV 1856 eine Einladung des Eupener Schachclubs. Zu den Schachfreunden in Eupen bestand schon vor dem Krieg ein enger Kontakt mit zahlreichen Club-Kämpfen hüben und drüben. Sie sind damit die ersten, die nach dem Krieg eine versöhnliche Hand über die Grenze reichen. Der Vereinskampf findet am 12. August 1951 im Kurhotel Pauquet in Eupen statt. Insgesamt 36 Damen und Herren wurden in Belgien herzlich aufgenommen und bewirtet. Mit 12,5 zu 11,5 Brettpunkten siegten die Eupener, die sich jedoch durch starke Spieler der belgischen Ostkantone verstärkt hatten. Noch im selben Jahr kam es in Aachen zu einem Rückkampf, den der ASV mit 17,5 zu 11,5 zu seinen Gunsten entschied.

1952

Auch die vor dem Krieg zu den niederländischen Schachfreunden in Heerlerheide bestehenden Beziehungen werden wieder aufgenommen. Es entwickelten sich persönliche Bindungen, die bis heute Bestand haben. Unser Mitgtied Franticek Baburek, der trotz seines fortgeschrittenen Alters auch heute noch gelegentlich zu Mannschaftskämpfen antritt, wurde im Rahmen dieser Kontakte ein unverbrüchlich treuer ASVer. Der erste Wettkampf mit Heerlerheide fand am 21. Januar 1952 in Aachen statt und endete mit einem 9,5 zu 3,5 zu Gunsten des ASV. Stolz wird im Jahresbericht notiert, daß der ASV 1856 einer der wenigen Vereine in Deutschland ist, die sowohl in der höchsten als auch in der zweithöchsten Spielklasse (Bundesklasse, Verbandsklasse) mit einer Mannschaft vertreten sind.

1953

Die Tradition eines jährlich stattfindenden Großkampfes zwischen dem ASV 1856 und einer Auswahlmannschaft von Südlimburg, der erstmals 1925 ausgetragen worden war, wird wieder aufgenommen.

1954

Nachdem der bisherige Vorsitzende Dr. Hans Hilmar Staudte, der berufsbedingt nach Bonn verzogen ist, für die Vereinsleitung nicht mehr zur Verfügung steht, wird in der Generalversammlung vom 26. Januar 1956 Kurt Simons 1. Vorsitzender. Der Verein ernennt Dr. Staudte zum Ehrenvorsitzenden. Im gleichen Jahr wird Dr. Staudte auch Pressewart des Deutschen Schachbundes.

In der Besetzung Dr. Staudte, Quernheim, Luck, Urban, Köster, Hilden, Rupprecht, Gillessen, Kinzen hält sich die erste Mannschaft mit einem 2.-3. Platz in der Endwertung weiterhin beachtlich in der Bundesklasse. Nur gegen die Düsseldorfer Schachgesellschaft 1925 gibt es eine 3:5-Niederlage, der Kampf mit dem Barmer Schachverein 1865 geht 4:4 aus, Turm 1851 Krefeld wird 4,5:3,5, der Solinger Schachverein 4,5:3,5 bezwungen. Für das Jahr 1954 wird so insgesamt eine positive Bilanz gezog€n, doch klagt der Vorstand über Mangel an Nachwuchs und plant daher eine Werbeaktion an Mittelschulen der Stadt Aachen.

1955

Erstmals gelingt es, im Meisterschaftskampf den Deutschen Mannschaftsmeister Düsseldorf mit 6:2 zu besiegen. Die Düsseldorfer revanchieren sich im Stichkampf um die Gruppenmeisterschaft der Bundesklasse mit einem 5:3.

1956

Der Aachener Schachverein 1856 feiert seinen hundertsten Geburtstag. Die in Erwägung gezogenen ganz großen Jubiläumsveranstaltungen lassen sich wegen fehlender Geldmittel nicht durchführen. Immerhin wird im kleineren Rahmen ein Jubiläumsturnier veranstaltet, außerdem richtet der ASV vom 24. bis 31. März 1956 ein "Meisterschaftsturnier 1956" aus, das zugleich den Namen "Schachkongreß des Niederrheinischen Schachverbandes" trägt. Niederrheinmeister 1956 wird der Wermelskirchener Günter Capelan; der ASVer Josef Quernheim, seit Jahren eine der tragenden Säulen des Vereins, belegt einen ehrenvollen 6./7. Rang. Den Sieg im eigentlichen Jubiläumsturnier teilen sich Gillessen und Ruprecht.

Zu einer echten Werbung für den Schachsport wurden die am 17./18. November 1956 ausgetragenen Mannschaftsmeisterschaften, die durch die Teilnahme von Großmeister Wolfgang Unzicker weithin Beachtung fanden. Um die Krone eines Deutschen Mannschaftsmeisters rangen: die Berliner Schachgesellschaft Eckbauer, die Hamburger Schachgesellschaft 1830, der Schachklub Ludwigshafen 1912 und der Münchener Schachklub 1836. Etwas überraschend wurden die Hamburger Deutscher Mannschaftsmeister 1956, sensationell hierbei die Leistung des 73jährigen (!) Hamburger Altmeister Ahues, der im Endkampf am 2. Brett seinen Münchener Antipoden Scheipl nach allen Regeln der Kunst auseinandernahm. Bei einem Gleichstand von 4:4 hatten die Hamburger damit nach der Berliner Wertung das bessere Ende für sich.

1958

Die erste Mannschaft steigt nach achtjähriger Zugehörigkeit zur Bundesklasse in die Landesliga ab.

1959

Mit Hottes und Dr. Dr. Jahr treten dem ASV 1856 zwei äußerst starke Spieler bei, so daß die erste Mannschaft den Wiederaufstieg in die Bundesklasse nur knapp verfehlt.

1960

Nach einem überlegenen Sieg von 6,5:1,5 gegen den Düsseldorfer Schachverein 1854 steigt der ASV 1856 erneut in die höchste deutsche Spielklasse auf. Folgende Herren waren für die erste Mannschaft gemeldel Hottes, Dr. Dr. Jahr, Quernheim, Kinzen, Stumpf, Rupprecht, Gillessen, Schiffler; außerdem hatten zu dem Erfolg beigetragen: Hinken, Hambach und Schuchardt. Trotz dieser erfreulichen Leistung klagt Turnierleiter Klinkenberg in seinem Jahresbericht über fehlenden Nachwuchs, mangelnde Bereitschaft zu tatkräftigem Engagement und einen spürbaren Mitgliederrückgang.

1961

Da Hottes und Dr. Jahr den Verein wieder verlassen hatten, um sich der Polizei Wuppertal anzuschließen, schienen, insbesondere nach einigen empfindlichen Startniederlagen, die Aussichten schlecht, die Klasse halten zu können. Die Mannschaft steigerte sich jedoch und belegte in der Schlußtabelle einen guten Mittelfeldplatz. Erfolgreichster Spieler war der aus Berlin nach Aachen gekommene Harald Lieb, der unter anderem den Nationalen Deutschen Meister Dr. Lange besiegen konnte.

Die beiden traditionellen Gedächtnisturniere an die früheren Vorsitzenden W. von Pittler und Otto Brech finden zum letzten Male statt. Es ist bedauerlich, daß hiermit ein rotes Band Aachener Schachtradition - vorläufig? - abreißt. Sieger im Wolfgang-von Pittler-Gedächtnisturnier wird Besser, das Otto-Brech-Gedenkturnier gewinnt Paul Robert Schiffler.

1962

Die seit längerem spürbare strukturelle Schwäche des Vereins, heute noch durch die lückenhafte Dokumentenlage faßbar, führte in diesem Jahr zum Abstieg der ersten Mannschaft aus der höchsten deutschen Liga.

1963/1964

Ein Umstrukturierung auf Landesebene bringt den ASV, nunmehr Mitglied des Schachverbandes Mittelrhein, wieder in die höchste Spielklasse, die zunächst nur mit Mühe gehalten werden kann.

nach 1965

Nachdem Dr. Ing. Bücken die Leitung des Vereins übernommen hat und mit G. Bonta und J. Fappas dem Verein zwei starke Spielerpersönlichkeiten zugewachsen sind, vermag sich die erste Mannschaft in der höchsten Klasse problemlos zu behaupten. Bücken bemühte sich um eine breitere Spielerbasis und förderte daher auch die zweite Mannschaft, die sich im Laufe der Spielzeit mehr und mehr steigerte, um schließlich in die Mittelrheinliga aufzusteigen.

1974

In der Saison 1973174 ringt der ASV mit Köln-Porz um die Meisterschaft in der Oberliga. Auf Seiten des ASV 1856 tritt Dr. Calvo gegen Dr. Robert Hübner an und remisiert. An einem der vorderen Bretter sitzen sich der Porzer Dr. Paul Tröger und ein junger Mann namens Timman gegenüber. Zu dieser Partie wird die folgende Anekdote berichtet: Nachdem die beiden Kontrahenten ihre Plätze eingenommen hatten, fragte Dr. Tröger, ob sein Gegenüber vielleicht mit dem Holländer Jan Timman verwandt sei - in eingeweihten Kreisen wußte man bereits um das große Talent der Niederländer -, worauf er zu seinem Schreck zu hören bekam, daß dieser mit Jan Timman wohl nicht verwandt, es dafür aber höchst persönlich sei: "Ik ben Jan Timman!". Sprach 's und fegte den Deutschen Meister in wenigen Zügen vom Brett. Neben Timman spielte in dieser denkwürdigen Begegnung, die der ASV mit 5:3 für sich entscheiden konnte, auch der Niederländer Hartogh auf Seiten der Aachener.

Dank der durch diesen Sieg errungenen Meisterschaft wird der ASV 1856 mit der Saison 1974/75 in die neugegründete vierteilige Bundesliga aufgenommen, wo er in der Gruppe Südwest anzutreten hat. Die Zugehörigkeit zu dieser Klasse belastet den Verein jedoch mit Kosten, die er auf Dauer nicht tragen kann.

1975

Ungeachtet der Erfolge der 1. Mannschaft, werden Verfallserscheinungen immer deutlicher. Es gelingt nicht, ein größeres Spielerreservoir zu schaffen. Der Vorsitzende Dr. Bücken, auf dessen Tatkraft und aufopferungsvolle Arbeit die Erfolge letztlich zurückgehen, sieht sich immer größeren Schwierigkeiten gegenüber und gibt schließlich auf.

1976-1980

Die Jahre sind gekennzeichnet von einem unaufhaltsamen Niedergang des Vereins. Aufzeichnungen aus dieser Zeit konnte der Chronist nicht auffinden. Es ist daher nicht möglich, ein genaues Bild dieser Zeit zu zeichnen. Fest steht, daß der ASV 1856 wie ein Stein durch die Klassen fieI, um sich schließlich in der Bezirksklasse wiederzufinden. Fehlende Bereitschaft, sich im Vorstand zu engagieren, eine endlose Reihe von Lokalwechseln, schwindende Mitgliederzahlen brachten den Verein an den Rand des Abgrunds. Als Vorsitzender focht Heiner Altmann einen verzweifelten Abwehrkampf gegen die Auflösungserscheinungen. Zwar waren jeweils dem Namen nach immer vollständige Vorstände im Amt, die Praxis sah jedoch so aus, daß der 1. Vorsitzende zugleich als Schriftführer, Mannschaftsführer, Materialwart etc. fungieren mußte und damit hoffnungslos überfordert war. Seinem unermüdlichen Einsatz ist es zu danken, daß es für einen der ältesten Schachvereine in Deutschland ein Überleben gab.

Rettung schien zu winken, als die Stadt sich bereit erklärte, dem ASV einen Raum im früheren Straßenbahndepot in der Talstraße kostenlos zur Verfügung zu stellen. In Eigenleistung wurde der Raum renoviert, Tische wurden angeschafft und hoffnungsfroh zogen die ASVer ein. Grund zu Optimismus gab auch die Tatsache, daß es nach Jahren des Mißerfolgs gelang, zunächst wieder in die Verbandsklasse und dann auch noch in die Verbandliga aufzusteigen. Es stellte sich jedoch bald heraus, daß die dezentrale Lage des ASEAG-Raumes, die Hemmnisse, die den freien Zugang erschwerten, und das soziologisch problematische Umfeld das endgültige Aus für den Verein bedeuten mußten. Es gab Spielabende, zu denen sich nicht ein einziges Mitglied einfand. Wieder einmal wurde erwogen, den Verein aufzulösen, doch gelang es, mit den Katakomben in der Pontstraße ein Lokal zu finden, das dicht am Aachener Zentrum gelegen ist. Darüber hinaus machte die Nähe zur Hochschule den Treffpunkt auch für Studenten attraktiv, so daß - gefördert durch Handzettelaktionen usw. - ein spürbarer Zulauf zu verzeichnen war.

1985

Am Dienstag, dem 16. April 1985 fand in den Katakomben eine Jahreshauptversammlung statt, in der ein neu zusammengesetzter Vorstand Konzepte zur Rettung des Vereins vorstellte. "Bitte unterstützen Sie durch lhr Erscheinen den Neubeginn und tragen Sie dazu bei, daß wir alle, von neuem Elan getragen, den Aachener Schachverein 1856 auf den Rang zurückführen, der ihm auf Grund leiner langen Geschichte zukommt", hieß es in einem Appell des Vorsitzenden Heiner Altmann an die Mitglieder.

Erster Vorsitzender blieb Heiner Altmann, 2. Vorsitzender wurde Dr. H. Scherer, während der bisher dem Verein nicht angehörende Willi Joisten als Jugendwart gewonnen werden konnte. Wertvolle Unterstützung leistete auch Jannis Fappas, der sich als früherer Spitzenspieler des Vereins ebenfalls für dessen Genesung engagierte. Unter der neuen Leitung entfalteten sich vielfältige Aktivitäten auf allen Ebenenn und durch eine anonyme Spende konnten sogar die Mietkosten für ein zusätzliches Lokal bei der Erholungsgesellschaft in der Reihstraße aufgebracht werden. Ergebnis der vielfältigen Bemühungen war ein langsames Ansteigen der Mitgliederzahlen und eine spürbare Zunahme der Spielstärke in den einzelnen Mannschaften.

1986

Nach dem Tode des früheren Mitglieds, des Unternehmer Wilhelm Krantz hatte es alljährlich ein vereinsintern ausgetragenes Gedächtnisturnier gegeben, zu dem die Witwe des Verstorbenen Sachpreise zur Verfügung stellte. Im Jahre 1986 wird dieses Turnier erstmals als offene Veranstaltung ausgetragen, an der immerhin 46 Spieler teilnehmen. Die Attraktivität des Vereins steigert sich, so daß der Mitgliederbestand seit der Wahl des neuen Vorstands bis Herbst 1986 von 24 auf 60 ansteigt.

Die Erholungsgesellschaft erhöht die zu zahlende Miete auf das Doppelte, was den Verein zwingt, die schönen Räumlichkeiten in der Reihstraße wieder aufzugeben. Alleiniges Spieltokal sind jetzt wieder die Katakomben, die jedoch bald zu eng werden. Die vom Katholischen Studentenverein geplanten Umbauten deuten auch hier ein Ende an. Inzwischen ist das Vereinsmitgtied Otto Ehlinger Pächter im Haus des Deutschen Ostens geworden, wo ein großer Saal auch die Ausrichtung größerer Turniere ermöglicht, und so zieht der ASV 1856 ein weiteres Mal um.

1987

Nachdem im ersten Jahr 46 Teilnehmer am Wilhelm-Krantz-Gedächtnisturnier zu verzeichnen waren, finden sich bei der zweiten Ausrichtung 67 Teilnehmer ein.

Am 4.7.1987 wählt die Generalversammlung einen neuen Vorstand. Präsident wird Prof. Dr. Hans Siegfried Scherer, 2. Vorsitzender und Schriftführer in Personalunion Willi Joisten, Kassierer Diethard Neugebauer. Der bisherige Vorsitzende Heiner Altmann wird ob seiner jahrzehntlangen Verdienste einstimmig zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

1988

Die erste Mannschaft des ASV steigt in die Mittelrheinliga auf. Zum ersten Male findet das Wilhelm-Krantz. Gedächtnisturnier als internationales Open statt. Nahezu hundert Teilnehmer ringen um die Preise und eine gute Plazierung. Es siegt schließlich IGM Predrag Ostojic.

1990

In der Besetzung Koch, Budde, Dischinger, Gypser, Rache, Novak, Förster, Peters und Eichhorn schafft der ASV 1856 den Aufstieg in die Oberliga Mittelrhein. Von den sechs Aktiven-Mannschaften des ASV steigen in diesem Jahre nicht weniger als fünf in die nächsthöhere Klasse auf.

Der ASV heute [1991]

Der ASV 1856 e.V. zählt derzeit mehr als 100 aktive Mitglieder und gilt als einer der dynamischsten Schachvereine im Schachverband Mittelrhein. Spieler des ASV beteiligen sich an Turnieren in ganz Europa, doch gilt das Interesse des Vereins vor allem dem Wettspielbetrieb in Aachen selbst, wo nahezu das ganze Jahr hindurch kleinere Veranstaltungen mit dem Höhepunkt des Wilhelm-Krantz-Gedäehtnisturniers stattfinden. Großes Gewicht tegt der Verein auch auf die Jugendarbeit, die in den Händen von Schachfreund Frank Dischinger liegt. Seinem von großem Enthusiasmus getragenen Wirken ist es zu danken, daß neben den sechs Aktivenmannschaften derzeit auch sechs Jugendmannschaften nominiert sind: Ein für Schachvereine wohl einmaliges Verhältnis. Grundlage dieser Erfolge ist nicht zuletzt die fruchtbare Zusammenarbeit mit den Aachener Schulen.

Stillstand ist Rückschritt! Gemäß dieser Devise bemüht sich der Verein um eine kontinuierliche Hebung der Spielstärke seiner Aktiven. Das betrifft nicht zuletzt auch die 1. Mannschaft, der als Identifikationsgröße für die Öffentlichkeit besondere Bedeutung zukommt. Ein starkes Hemmnis für die Vereinsarbeit ist neben dem Mangel an Finanzmitteln das Fehlen eines vereinseigenen Spiellokals. Bestrebungen dieser Art hat es in der Vergangenheit zwar gegeben, sie scheiterten jedoch stets [...].

Schlußbemerkung

Für die Erstellung dieser kurzen Vereinsgeschichte standen Aufzeichnungen, Sitzungsprotokolle, Zeitungsausschnitte, Berichte, mündliche Hinweise und weitere Dokumente zur Verfügung, doch ist die Informationensdichte hinsichtlich der einzelnen Zeitabschnitte außerordentlich schwankend. Nicht wenige Fakten sind rekonstruiert, und es mag sich hierbei im Detail auch die eine oder andere Unkorektheit eingeschlichen haben. Zudem bestehen auch nicht unerheblich Lücken. Der Chronist wäre daher für ergänzende und präzisierende Hinweise, insbesondere natürlich für entsprechende Dokumente dankbar, die für eine verbesserte Auflage verwertet werden könnten. Vielleicht auch ist es möglich, die vor und noch nach dem Kriege bestehende Bibliothek des Vereins, die restlos verloren ging, wenigstens in Teilen wieder zusammenzutragen. Im einen oder anderen Bücherschrank ruhen sicher vergessene Bände aus diesem Fundus, und es wäre sicherlich ein Gewinn für alle, wenn man sie wieder in Vereinsbesitz überführen würde.